Ein BGH-Urteil zur Räum- und Streupflicht entlastet den Vermieter
Vor allem im Süden Deutschlands hat Frau Holle in diesem Jahr bereits große Schneemassen vor sich hergewälzt und damit für Chaos und Unfälle auf den Straßen und Wegen gesorgt. In München ging 2018 ein Mieter bis vor den Bundesgerichtshof (BGH), weil er sich eine Verletzung auf dem Gehweg vor dem Haus zugezogen hatte. Doch kann der Vermieter für solche Schäden belangt werden?
Grundsätzlich gilt: Stürzt ein Passant aufgrund von Eis und Schnee vor dem Haus, kann er Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Und der Vermieter ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Zugang zum Mietobjekt gewährt ist, bestätigte der BGH (§535 Abs. 1). Doch an der Grundstücksgrenze endet die Pflicht des Eigentümers, es sei denn, die Gemeinde hat die Räum- und Streupflicht auf den Eigentümer übertragen. Darum sollte jeder Anlieger prüfen, ob ihm durch eine örtliche Satzung der Winterdienst im Straßenbereich vor seinem Haus übertragen wurde.
Im vorliegenden Fall war die Stadt in der Pflicht und hatte einen Winterdienst beauftragt, der den Gehweg mehrfach geräumt und gestreut hatte – allerdings nicht auf der gesamten Breite. So war auch der Streifen bis zur Schwelle des an den Gehweg angrenzenden Hauses nicht von Schnee und Eis befreit.
Der gestürzte Mieter, der sich den Fußknöchel gebrochen hatte, sah den Vermieter in der Pflicht, und verklagte ihn auf ein Schmerzensgeld in Höhe von knapp 4.300 Euro nebst Zinsen. Der BGH wies die Schadenersatzklage des Mieters zurück und wies darauf hin, dass der Vermieter über die Grundstücksgrenze hinaus nur haftet, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen.
In diesem Fall sei es dem Mieter aber zumutbar gewesen, den schmalen, nicht geräumten Streifen des Gehwegs „mit der gebotenen Vorsicht zu überqueren“. (Urteil vom 21. Februar 2018, AZ: VIII ZR 255/16). Auch dass die Stadt München den Gehweg nur mittig auf etwa 1,20 m breiten Fläche geräumt hatte, sei zulässig und ausreichend, erklärten die Richter.
Die allgemeine Rechtslage bezüglich Räum- und Streupflicht in Kürze:
Nach dem Gesetz ist die Stadt oder Gemeinde für den Winterdienst auf öffentlichen Straßen, Gehwegen und Bürgersteigen verantwortlich. Über die Ortssatzung kann sie diese Pflicht auf die anliegenden Hauseigentümer übertragen. Die Eigentümer wiederum können die ungeliebte winterliche Pflicht auf die Mieter des Hauses übertragen, dies muss allerdings im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart werden.
Zu räumen sind dann die Wege vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum und die Wege von der Haustür zu den Mülltonnen und bis zu den auf dem Grundstück befindlichen Parkplätzen. Die Bewohner eines Mehrfamilienhauses sind gehalten, sich beim Schneeräumen in einer festgelegten Reihenfolge abzuwechseln. Geräte und Material muss der Vermieter zur Verfügung stellen.
Vermieter hat Kontrollpflicht
Der Vermieter muss darüber hinaus kontrollieren, ob ordnungsgemäß geräumt und gestreut wurde und das sogar zwei bis dreimal in der Woche: “Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass eine monatliche Kontrolle nicht ausreicht“, erklärt Julia Wagner vom Eigentümerverein Haus & Grund Deutschland. Kontrolliert er nicht, haftet er für etwaige Schäden, falls jemand zu Fall kommt.
Geräumt werden muss werktags von 7 bis 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen ab 8 Uhr. Nach einem Urteil des BGH muss bei starkem Schneefall auch mehrmals am Tag geräumt und gestreut werden (AZ: VI ZR 49/83), bei Glatteis besteht sogar sofortige Streupflicht.
Wenn ein Mieter seiner Räumpflicht wegen Urlaub oder Krankheit nicht nachkommen kann, muss er für Ersatz sorgen. Im Schadensfall könnten die Forderungen sonst an den Mieter weitergeleitet werden.
Gestreut werden darf übrigens mit Sand, Granulat oder Rollsplit – Salz sollte wegen seiner Umweltschädlichkeit nicht verwendet werden.
Quellen: juris.bundesgerichtshof.de, haufe.de, hausundgrund.de, mieterbund.de, deutsche-handwerks-zeitung.de, ausgburger-allgemeine.de.
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